Rund 150 Teilnehmer aus nordhessischen Kommunen, der Straßenbauverwaltung des Bundes und des Landes Hessen sowie von Bauunternehmen, Entsorgungsfachbetrieben und Ingenieurbüros nahmen am 19. Januar 2024 an einer Veranstaltung zu den Erfahrungen bei der Gewinnung und Verwertung von mineralischen Ersatzbaustoffen nach der am 01.08.2023 geltenden Ersatzbaustoffverordnung teil. Die hohe Zahl an Teilnehmern im Regierungspräsidium Kassel zeigte den Bedarf an Informationen zum Thema.
Regierungspräsident Mark Weinmeister begrüßte die Teilnehmer im Hause des Regierungspräsidiums (RP) Kassel und hob in seiner Begrüßung die Erforderlichkeit der Veranstaltung zu dem aktuellen Thema der Ersatzbaustoffverordnung hervor. Ziel der Fortbildung sei es, allen Beteiligten die komplexe Rechtsmaterie der Ersatzbaustoffverordnung nahezubringen und einen Erfahrungsaustausch mit Experten zu ermöglichen.
Er unterstrich in seiner Begrüßung die Bedeutung des seit Jahren tätigen Runden Tisches zum Thema Entsorgung und Verwertung von Erdaushub beim RP Kassel und dessen Engagement. Er bedankte sich bei den Organisatoren und Referenten aus dem Kreise des Runden Tisches für ihr Engagement und das in dieser Form einmalige kostenfreie Angebot zur Weiterbildung aller am Bau Beteiligten.
Nach einer Einführung in die Rechtsgrundlagen durch Saskia Spohr-Frey, RP Kassel, berichteten Ralph Schmidt vom Ingenieurbüro Gröticke und Partner GmbH und Mathias Fiedel von Hessen Mobil über die Probleme bei der Gestaltung von Ausschreibungen nach der Ersatzbaustoffverordnung und Erfahrungen in der praktischen Anwendung der Ersatzbaustoffverordnung.
Bei einer anschließenden spannenden Podiumsdiskussion, moderiert von Melanie Schäfer, Autobahn GmbH des Bundes, wurden von Praktikern Anwendungsfälle der Ersatzbaustoffverordnung und dabei auftretende Fragen diskutiert. Mit dabei auf dem Podium waren Jakob Feiler – age abfallwirtschaft GmbH, Mathias Fiedel – Hessen Mobil, Gunther Gaedtke – Städtische Werke Netz und Service GmbH, Gunter Wagner – Bauunternehmen Wagner aus Hofgeismar und Dirk Röth – Baureka Entsorgungsfachbetrieb.
Im Ergebnis ergab sich aus den Vorträgen, aber auch aus der Podiumsdiskussion, dass man sich insbesondere von der zu erwartenden Abfallendeverordnung mehr Klarheit erhofft. Nach sechs Monaten Ersatzbaustoffverordnung gebe es immer noch viele ungeklärte Rechtsfragen, die es den Anwendern und Behörden erschwere, rechtssicher den Einbau von Recyclingbaustoffen zu planen und zu prüfen. Das Thema Ersatzbaustoffe und Beachtung von Grundwasserspiegel unter Berücksichtigung der verschiedenen Einbauweisen stelle eine weitere große Herausforderung dar. Ralph Schmidt hob hervor, dass nur eine frühzeitige Koordination von Auftraggebern, Fachplanern und Laboren rechtssichere Ausschreibungen erlauben. Auftraggeber scheuen im Ergebnis daher immer noch den Einbau von Ersatzbaustoffen, so Gunter Wagner vom Mitgliedsbetrieb Gebr. Wagner, der die Auftragnehmerseite auf dem Podium vertrat. Er befürchte insbesondere in den hohen Analysekosten und im Hinblick auf verfügbare Bodengutachterkapazitäten Verzögerungen bei Bauprojekten, vor allem im kommunalen Bereich. Alle Beteiligten stellten einen zu hohen bürokratischen Aufwand bei Anwendung der Ersatzbaustoffverordnung aus. Letztlich bestand Einigkeit, dass nach Klärung der offenen Fragen und genügend Erfahrungen Recycling eine Zukunft haben wird. Zahlreiche Fragen aus dem Publikum unterstrichen den hohen Bedarf an Information.
Die Veranstaltung wurde federführend von Rechtsanwalt Andreas Lieberknecht, Geschäftsführer Verband baugewerblicher Unternehmer Hessen e.V. und Frau Rechtsanwältin Helena Fischer, Bauindustrieverband Hessen-Thüringen e.V., organisiert und moderiert.